Thomas Barnado Teil 05


Teil 5

In der Schule werden heute die ersten Informationen ausgetauscht. Frau Schröder nennt das Recherchieren. Das ist ein Fremdwort und und bedeutet so viel wie „zusammensuchen“.

„Also, wie sieht es aus mit euren Recherchen?“, fragt die Lehrerin.

Die kleinen Arbeitsgruppen setzen sich zusammen und stellen ein Namens-Schild auf ihren Tisch, über welche Person sie forschen. Frau Schröder lässt sich kurz berichten. Einige haben noch nichts gefunden, weil die Eltern am Wochenende keine Zeit hatten, im Internet zu suchen.

Als Frau Schröder an den Thomas Barnardo-Tisch kommt, ist sie überrascht von den vielen Notizen. „Fleißig gearbeitet!“, lobt sie erfreut, denn Pascal und Benni sind ihr bisher nicht als übereifrig aufgefallen. Sie hört den Berichterstattern aufmerksam zu.

„Das war anscheinend ein sehr vielseitiger Mann, euer Dr. Barnardo! Ich empfehle euch, eine Mind Map anzufertigen. Wisst ihr noch? Denkt an die Landkarte in eurem Kopf, alles klar? Dort bringt ihr zunächst alles unter. Für die Präsentation können wir die Ergebnisse dann auf eine Wandzeitung übertragen.“

Ergeben nicken die beiden, darauf läuft es meistens hinaus: Wandzeitung, Präsentation, Mind Map. Aber warum nicht?

 

Am nächsten Nachmittag gehen sie wieder zu Tante Ute. Pascal hat erst ein bisschen rumgestottert mit „Frau ... ähm, was stand noch mal auf der Klingel?“ „Unsinn, sag ruhig Tante Ute, das ist doch einfacher.“

So ist auch das geklärt. Gemütlich ausgestreckt auf dem dicken gewebten Teppich warten sie auf die Fortsetzung der Geschichte.

„Zuerst eine gute Nachricht: Das Buch hat sogar über fünfhundert Seiten, nicht nur vierhundert, wie ich neulich sagte!“

„Und die schlechte?“

„Wieso? Welche schlechte Nachricht? Nein, ich sage euch nur vorsichtshalber, dass noch ziemlich viel Text kommt. Ihr habt dann eine Menge Arbeit.“
„Ach so! Aber du kannst richtig gut erzählen. Und wenn es so interessant bleibt, macht’s echt Spaß.“

Pascal hat aber noch eine andere Frage. Er hat nämlich den Titel des Buches gelesen. „Wer war eigentlich ‚der Mann mit der Laterne’? Der kam doch bis jetzt nicht vor, oder?“

Tante Ute lacht. „Doch, der kam schon vor! – Wisst ihr noch, beim letzten Mal hatte ich euch Jimmys Geschichte angekündigt. Ihr erinnert euch daran, dass Thomas eine Zerlumptenschule gründete?“
„Nee, keine Spur! Das Stichwort kam nur mal im Gespräch vor und wir haben uns gewundert, was das für ein komischer Schulname ist. Aber sonst? Keine Ahnung.“

„Na gut, dann fang ich damit an. Es gab damals in London unheimlich viele bettelarme Kinder. Ihre Kleider zerfielen zu Lumpen, irgendwann konnte nichts mehr ausgebessert werden und neue Sachen gab es schon gar nicht. Das Geld fehlte ja zum Nötigsten. Diese Kinder liefen halbnackt und halbverhungert durch die schmutzigen Straßen. Viele von ihnen versuchten, Streichhölzer zu verkaufen und ein paar Münzen damit zu verdienen ...“

„Wie in dem Märchen ‚Das Mädchen mit den Schwefelhölzern?“, fragt Pascal staunend.

„Richtig! Das Märchen ist von Andersen und der war Däne. Aber diese armen Kinder gab es natürlich auch in anderen Ländern. Aber jetzt weiter. Einige mitleidige Menschen erbarmten sich über die Elenden und versuchten, die größte Not zu lindern. Sie richteten Schulzimmer in den Armenviertel ein, wo Unterricht statt fand. Die Kinder waren glücklich, an einigen Abenden der Woche und am Sonntag in einem geheizten Raum sitzen zu dürfen. In der Regel bekamen sie auch etwas zu essen und ein heißes Getränk. So konnten sie sich ein wenig stärken. Die Lehrer bemühten sich, ihnen Lesen, Schreiben und Rechnen beizubringen.“

„Puh, das nahmen die armen Kinder bestimmt in Kauf, Hauptsache sie bekamen was zu essen“, meinte Benni.

„So ganz falsch ist das wohl nicht. Aber könnt ihr euch vorstellen, dass die Lehrer eine sehr gute Absicht mit ihren Schulen verfolgten? Sie wollten, dass die Kinder durch ihr Lernen eine Chance auf eine Arbeitsstelle erhielten! Genau wie eure Eltern nicht möchten, dass ihr betteln müsst oder Not leidet.“

„Stimmt“, sagt Benni nachdenklich. „Ist eigentlich schon übel, wenn man nichts lernen kann.“

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Danke an Erika Demant und den CSV-Verlag für die Genehmigung zur Veröffentlichung. 

Danke an Gunther Werner für die Bearbeitung.

Die Geschichte gibt es hier auch als Buch zu kaufen

Bild: (c) Can Stock Photo / colematt